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Presseaussendungen

10.02.2020

Soziale Kommunikation ist die Grundlage für jede Sprachförderung

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Themen „Sprachförderung – Sprachliche Bildung – Sprachheilpädagogik“ am 6. und 7. Februar 2020 an der PH Steiermark


Bei einem Symposium der Pädagogischen Hochschule Steiermark zu den Themen „Sprachförderung – Sprachliche Bildung – Sprachheilpädagogik“ am 6. und 7. Februar 2020 wurden neue wissenschaftliche Erkenntnisse präsentiert, die der Beziehung und Interaktion zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen – ob Eltern oder Pädagoginnen und Pädagogen – eine zentrale Bedeutung für die sprachlichen Fortschritte und die allgemeine Entwicklung des Kindes zusprechen.

In seinem Vortrag „Soziale Kommunikation – zentrale Aufgabe der Sprachförderung“ unterstrich Priv.-Doz. Dr. Daniel Holzinger vom Institut für Sinnes- und Sprachneurologie am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Linz: „Sprache entwickelt sich aus der Kommunikation mit einem Gegenüber.“ Sei man früher davon ausgegangen, dass das Kind zuerst Laute bilde, dann einen Wortschatz erwerbe, diesen später in Phrasen und Sätzen verwende und schließlich damit in soziale Kommunikation trete, so wisse man heute, dass der Prozess genau umgekehrt abläuft.

Soziale Interaktion macht den Unterschied – für Spracherwerb und IQ

Je intensiver die sozialen und sprachlichen Interaktionen der Bezugspersonen mit dem Kind sind und je öfter sie stattfinden, desto mehr profitiert es davon: Internationale Studien belegen, dass die Häufigkeit dieser „conversational turns“ im Alter von 18–24 Monaten signifikante Auswirkungen auf das zehn Jahre später gemessene Sprachverständnis hat. Mehr noch: Sie ist für ein Fünftel des Intelligenzquotienten verantwortlich.

Und auch fürs Zweit- und Fremdsprachenlernen ist die damit verbundene soziale Interaktion entscheidend: So reagierten Babys im Alter von 9 und 10 Monaten weder auf fremdsprachliche Audiofiles noch Videos; wenn aber eine reale Person sie in der Fremdsprache anredete, fiel die Reaktion deutlich aus. Aus diesen Erkenntnissen ergebe sich eine klare Konsequenz für die Pädagogik, so Holzinger: „Soziale Kommunikation ist die Basis, auf der jede weitere Sprachförderung beruhen muss“ – im Elternhaus, in der Kinderkrippe und im Kindergarten und natürlich auch in der Schule.

Holzinger wies auch auf die Übereinstimmung der von ihm präsentierten Untersuchungen mit jenen der bekannten Meta-Studie von Hattie hin. Die Lehrer-Schüler-Interaktion – z. B. durch klare Rückmeldungen über den Lernfortschritt und emotionale Unterstützung – „macht den Unterschied“; „The teacher makes the difference“, wie Hattie sagt. Das gilt im Besonderen für die Sprachentwicklung und später auch das Zweit- oder Fremdsprachenlernen.

Stottern ist genetisch bedingt

Auch der Eröffnungsvortrag des Symposiums zum Thema „Stottern im Kindesalter“ lieferte neue Erkenntnisse: Diese Sprachstörung sei nicht, wie vielfach noch immer kolportiert, psychisch bedingt, sondern genetisch, erklärte Dr. Patricia Sandrieser, Leiterin der Logopädie am katholischen Klinikum in Koblenz. Daher seien Therapien mit Heilungsversprechen unseriös; wichtig und entlastend sei hingegen, das Selbstbild des Kindes als kompetenter Sprecher oder kompetente Sprecherin zu stärken und vor allem auch die Umgebung – also z. B. die Klasse – miteinzubeziehen, um Bullying zu verhindern.

Auf großes Interesse stieß auch der Vortrag von Mag. Elisabeth Stabler von der PH Steiermark. Sie stellte das Projekt Filius („Flüssigkeit im Lesen mit unterschiedlichen Sachhörtexten trainieren“) vor, das Laut- und Stilllesemethoden mit Hörtexten kombiniert. Beim Lautlesen werden zudem erfolgreich „Tandems“ aus lesestarken und leseschwachen Schülerinnen und Schülern eingesetzt.

Internationale Bekanntheit und inklusiver Ansatz

Hoch erfreut über den Impact des Symposiums zeigt sich die Rektorin der Pädagogischen Hochschule Steiermark, Prof. Dr. Elgrid Messner: „Dieses Symposium, das seit nunmehr fünf Jahren stattfindet, hat sich zu einem Vernetzungstreffen von Expertinnen und Experten aus dem deutschen Sprachraum entwickelt.“

Mit dem Besuch äußerst zufrieden ist auch Prof. Mag. Ursula Komposch vom Institut für Elementar- und Primarpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Steiermark, die das Symposium organisiert hat:  „Wir haben die Veranstaltung, die sich ursprünglich nur an Sprachheilpädagoginnen und -pädagogen richtete, in den letzten Jahren schrittweise für andere pädagogische Felder geöffnet. Es nehmen zunehmend Elementar- und PrimarpädagogInnen und sogar auch Sekundarstufenlehrerinnen und -lehrer teil. Das zeigt, dass unsere inklusive Herangehensweise an die Sprachförderung auf ein offenes Ohr bei den Pädagoginnen und Pädagogen stößt.“ 

Rückfragehinweis:
Martin Zwischenberger, Öffentlichkeitsarbeit, martin.zwischenberger@phst.at, 0664/2016455